Mut zur Schwäche: warum Storytelling im Marketing so stark ist

Mut zur Schwäche: warum Storytelling im Marketing so stark ist

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Es ist ein sonniger Tag irgendwo in Deutschland, doch davon sieht die Texterin in Schwarz nichts in ihrem Büro. Stattdessen ziehen sich immer dunklere Wolken über ihrem Kopf zusammen. Sorgen legen ihr Gesicht in tiefe Falten.

Wie soll sie die Aufmerksamkeit der Leser fesseln? Wie?

Mit jeder Sekunde, die verrinnt, scheint sie dem Ziel einen Schritt weiter entfernt. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, den sie nicht gewinnen kann. Schon scheint die Schlacht verloren. Da fällt ihr Blick auf eine Tasse Kaffee. Die ultimative Waffe scheint zum Greifen nah. Mit einem Hechtsprung rollt sie über den Schreibtisch und erreicht die Tasse, bevor sich ein anderer sie schnappen kann. Siegreich! Lechzend lässt sie das duftend warme Getränk ihre Kehle runterrinnen… Geben Sie es ruhig zu, Sie verspüren gerade den unwiderstehlichen Drang, Kaffee zu kochen, richtig?

Diese Geschichte besitzt auch wirklich alles, was gutes Storytelling braucht.

Die Heldin: …In diesem Fall meine Wenigkeit. Das Problem: Die gähnende Leere in meinem Kopf. Der Kampf/Konflikt: die heroische Schlacht um die Tasse Kaffee, die vermutlich gerade tausendfach in den Büros weltweit ausgetragen wird. Die Auflösung: mir gelingt es, den Kaffee zu erbeuten. Und Ihre Aufmerksamkeit habe ich auch lang genug halten können, damit Sie wenigstens bis hier her gelesen haben. Deswegen sollten Sie in ihrer Marketing-Strategie immer ein wenig Platz für eine gute Geschichte haben. Warum?

Weil Geschichten dazu gemacht sind, auf den Gefühlen der Leser Samba zu tanzen. Und genau das wollen sie auch, sonst würden sie die Geschichte nicht lesen. Doch warum funktioniert das Storytelling, schon seit die Menschheit gelernt hat, sich über ein paar Grunzlaute hinaus miteinander zu verständigen? Die Neurotransmitter in unseren Gehirnen sind schuld! In diesem Fall Cortisol (Stresshormon), Dopamin (Glückshormon) und Oxytocin (Kuschelhormon).

Sobald wir in eine problematische Situation hineingezogen werden, selbst wenn dies nur als stiller Leser geschieht, wird Cortisol ausgeschüttet. So sollen wir wachsam bleiben oder eben neugierig. Und so lassen wir nicht nur das Problem über uns ergehen, sondern auch den Konflikt. In diesem Fall die Schlacht um den Kaffee, von dem wir wissen, er ist ein Kampf bis aufs Blut.

Kaum hat unsere Heldin, mit der wir uns natürlich alle identifizieren, die lebensrettende Beute für sich beanspruchen können, schüttet unser Gehirn Oxytocin und Dopamin aus. Sie fühlen sich mir verbunden und sind glücklich darüber, dass ich den Kaffee bekommen habe, stimmt’s?

Und was hat das nun mit Ihnen zu tun?

Na, Sie sind doch auch ein Held, oder? Ihr Unternehmen oder Ihr Produkt wird sich wohl kaum von allein aufgebaut haben. Lassen Sie Ihre Kunden teilhaben an Ihrer Geschichte, die zweifellos spannend ist. Es wäre sträflich, ihnen die unterschlagen zu wollen. Erzählen Sie von den Hürden und Problemen, die Sie gemeistert haben. Bringen Sie dem Leser Wärme entgegen. Lassen Sie ihn teilhaben. …Das Oxytocin. Wir redeten bereits darüber. Nur die harten, kalten Fakten werden den Leser kaum dazu bringen, Ihr Kunde zu werden.

Zum Storytelling und seine Wirkung gibt es sogar wissenschaftliche Studien, durchgeführt von dem Neuroökonom Paul J. Zak und dem Neurobiologen William Casebeer. In dieser Studie wurde genau nachgewiesen, was in unserem Gehirn zu welchem Zeitpunkt der Geschichte stattfindet.

Scheuen Sie sich nicht davor, Ihren potenziellen Kunden auf Basis seiner Emotionen dort abzuholen, wo er sich befindet. Verschaffen Sie ihm einen kleinen Adrenalinkick und lassen Sie ihn die gleiche Zufriedenheit mit Ihrem Unternehmen, beziehungsweise Produkt spüren, die auch Sie empfunden haben, nachdem Sie es endlich geschafft hatten.

Sie lieben doch auch gute Geschichten. Und es freut Sie, wenn sich jemand Mühe dabei gibt, Ihnen eine zu erzählen. Sie geben Ihrem Kunden dadurch etwas.

Gönnen Sie ihm ein kleines Bad in den Emotionen

Allerdings gibt es ein paar Dinge zu beachten. Bleiben Sie auf jeden Fall authentisch und übertreiben Sie es nicht. Gegen ein paar künstlerische Freiheiten ist nichts einzuwenden, solange sie die Geschichte dadurch spannender und angenehmer zu lesen wird. Nur belogen werden will niemand. Sie wollen mit der Geschichte sich und Ihr Unternehmen näher bringen und nicht ihre möglichen Kunden für dumm verkaufen. Das haben Sie doch gar nicht nötig.